*Erste Jungstörche blicken über den Nestrand / Hoffnung auf ein gutes
Storchenjahr / Dramatische Horstkämpfe *
Von Dr. Dr. Alfons Bense
Petershagen (MT)
Wie in den Vorjahren überwinterten bis zu 7 Störche im Kreisgebiet, die
nachweislich bis zum Zoo Rheine auswichen, um Nahrung zu suchen. Das
Aktionskomitee "Rettet die Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke" lehnt
die Fütterung von Wildstörchen entschieden ab, um die Unabhängigkeit der
Tiere vom Menschen zu wahren. Alle Störche überlebten den ungewöhnlich
strengen Winter.
Für die vielen Storchenfans ist der Mai die Zeit, in der mit Hoffen und
Bangen auf den Storchennachwuchs geschaut wird. Immer wieder kann eine
Folge nasskalter Tage besonders 10 -- 14 Tage alte Nestlinge gefährden,
die verklammen und an Infektionen zugrunde gehen. So starben 2009 von 66
geschlüpften Jungen fast die Hälfte noch vor dem Verlassen des Nestes.
Das aktuelle Storchenjahr begann äußerst viel versprechend. Im März
waren die von den Storchenpaaren bevorzugten traditionellen Horste
besetzt, im April und Anfang Mai drängten weitere Störche nach und
entdeckten bislang ungenutzte Nistmöglichkeiten oder erweiterten den im
Kreis genutzten Lebensraum nach Westen (Lübbecke Rauhe Horst) und
Nordosten (Raderhorst, Rodenbeck, Meißen). Inzwischen sitzen erstmals
seit über 80 Jahren wieder 30 Brutpaare auf ihrem Gelege oder versorgen
bereits Junge (u.a. je 3 in Jössen, Nettelstedt, Hartum und Windheim).
Erste kältebedingte Verluste traten bereits in Unterlübbe auf, drei tote
Jungstörche. Im Vorjahr wurden 29 Paare gezählt, doch letztlich blieben
45 % ohne Bruterfolg!
Erwartungen für die nächsten Jahre lösen weitere nicht brütende Störche
im Gebiet aus. Ein "Junggesellentrupp" von 10 und mehr umherstreifenden,
noch nicht brutreifen Störchen wird überwiegend aus der Bastauniederung
gemeldet, darunter erstmals ein Schweizer Storch. Auch in der
Petershäger Weseraue halten sich bis zu 5 "freie" Störche auf.
*Storchenhauptstadt Petershagen legt zu*
* *
*Petershagen* konnte seine Bedeutung als Storchenhauptstadt in NRW
weiter ausbauen: 12 Horste waren es 2009, 16 sind es in diesem Jahr!
Zwischen *Schlüsselburg* im Norden und *Wietersheim* im Süden der
Petershäger Weseraue liegen die landesweit für ihre Störche bekannten
Dörfer. Besonders erfreulich sind 3 Neuansiedlungen. So brüten erstmals
Störche in *Raderhorst* (Hugo). Das Storchennest auf der *Ovenstädter*
Apostelkirche ist sicher einer der kreisweit schönsten und
aussagekräftigsten Plätze. Am 14. April errichtete die Dachdeckerei
Thäsler eine weitere Nisthilfe in *Friedewalde*, die noch am gleichen
Tag von einem Storch angenommen wurde. Kurz später war auch dort das
Paar komplett. Leider blieben die attraktiven Nistangebote in
*Wasserstraße* (Rittergut) und *Buchholz* (Sprick) 2010 wieder
unbesetzt. Auf dem Pfahlnest an der B 482 in Wasserstraße (Möhlenbrock)
wartet ein Einzelstorch seit dem 22. April geduldig auf einen Partner.
In *Heimsen* wurden erneut die beiden nah beieinander liegenden Horste
angenommen. Am 5. April ereignete sich ein dramatischer Kampf zweier
Storchenmännchen: Der Angreifer verletzte seinen Rivalen tödlich, der
mit Hilfe des Steigerfahrzeuges der Stadt aus dem Nest entfernt wurde.
Das neue Paar begann kurz später mit der Brut.
Im Gebiet der Gemeinde *Hille* nisten 8 Weißstorchpaare. Die Horste
*Mindenerwald* II (Riechmann), *Unterlübbe* III (Priess und Horstmann)
und *Nordhemmern* (Rüter) blieben 2010 leider ohne feste Ansiedlung. Das
Paar aus Nordhemmern wechselte nach *Eickhorst* und vertrieb das dort
bereits brütende Paar, dessen Eier von den neuen Besitzern abgeworfen
worden.
Auf *Mindener* Stadtgebiet schritt die 2009 begonnene Entwicklung weiter
voran: Neben *Stemmer* (Fischer) sitzen erstmals seit annähernd 100
Jahren auch in *Rodenbeck* (Mitteldamm) Störche auf ihrem Gelege. In
*Meißen* (Borneman) bestand über Wochen der Eindruck einer Ansiedlung,
die sich jedoch wieder löste.
Im Westen des Landkreises konnten sich neben den 3 Paaren aus 2009
(*Nettelstedt* / Aspelmeier, *Gehlenbeck* / Horstmeier und *Frotheim* /
Wittenfeld) zwei weitere platzieren: Am NABU-Moorschutzhof in
Nettelstedt sowie -- besonders erfreulich -- auf einer Pfahlnisthilfe in
der *Lübbecker* Rauhen Horst, wo sich Aktionskomitee und NRW-Stiftung
Natur, Heimat, Kultur stark engagieren. Die Nisthilfe im *Leverner*
Bruch beherbergte nur wenige Tage Störche und der attraktive Lebensraum
um *Oppenwehe* blieb auch 2010 von Störchen noch weitgehend unentdeckt.
*Nahrungsraum bleibt Engpass für Störche*
Die positive Entwicklung der Minden--Lübbecker Störche hält also auch
2010 an. Doch letztlich wird der Bruterfolg entscheidend sein, der in
den letzten Jahren regelmäßig unzureichend blieb. Der Einsatz für Erhalt
und Zunahme extensiv genutzten Grünlandes, des Lebensraumes der
beliebten Großvögel, bleibt daher vordringlich und die größte
Herausforderung für den Weißstorchschutz in einer stark an ökonomischen
Erfordernissen orientierten modernen Landwirtschaft. Für das Engagement
der Storchenfreunde bietet sich das Aktionskomitee an, Informationen im
Internet und telefonisch: 0571/8072345 oder direkt im Westfälischen
Storchenmuseum im Haus Windheim No2 in Petershagen-Windheim.
www.stoerche-minden-luebbecke.de
www.windheimNo2.de
Text Abb.: Erstmals 30, sämtlich brütende Weißstorchpaare leben 2010 im
Kreis Minden-Lübbecke. Die beiden Lebensräume Bastauniederung und
Weseraue sind inzwischen zusammengewachsen.
Grafik: R. Löhmer--Eigner und Aktionskomitee